UdZPraxis 2-2017

33 UdZ Praxis el ? 1 Dieser Konflikt und die nachfolgende unter- schiedliche wirtschaftliche Entwicklung haben seither das Verhältnis der beiden nordamerikani- schen Staaten geprägt. Heute eng wirtschaftlich durch die nordamerikanische Freihandelszone NAFTA verknüpft, beträgt das kaufkraftbereinig- te Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Mexiko den- noch erst ein Drittel dessen in den USA. Die öko- nomischen Unterschiede haben seit Beginn des 20. Jahrhunderts auch zu einer immensen mexi- kanischen Migration in das nördliche Nachbar- land geführt. So leben heute in den USA ca. 10 Millionen Mexikaner und ca. 30 Millionen Men- schen mit mexikanischen Wurzeln. Überwiegend arbeiten die in den USA lebenden Mexikaner im Niedriglohnsektor, häufig in Tätigkeiten, für die kaum andere Arbeitskräfte gewonnen werden kön- nen. Die Gründe hierfür liegen in der Bereitschaft, im Verhältnis zu US-Ame- rikanern oder anderen Einwanderern geringere Löhne zu akzeptieren sowie in der wegen des Risikos der Ausweisung geringeren Inanspruch- nahme von Sozialleistungen. Somit leisten die in den USA lebenden Mexi- kaner einen nicht zu unterschätzenden Beitrag für die dortige Wirtschaft. Gleichzeitig tragen sie mit finanziellen Unterstützungsleistungen für ihre Angehörigen zu 2,7 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts Mexi- kos bei. Allerdings ließ sich in den vergangenen Jahren auch ein deutlicher Rückgang der Migration von Mexiko in die USA beobachten; seit einigen Jahren übertrifft sogar die Zahl der Mexikaner, die den Vereinigten Staaten den Rücken kehren, die Zahl der Einwanderer des südlichen Nachbarn. So bleibt zu diskutieren, ob sich der geplante Mauerbau seitens der Trump- Administration überhaupt auf die Migrantenzahlen signifikant auswirken würde. Einen wesentlich stärkeren Einfluss könnten die geplanten Neuver- handlungen in Bezug auf das NAFTA-Abkommen zwischen den USA undMe- xiko haben. Denn in den vergangenen zwei Jahrzehnten seit der NAFTA-Ein- führung und der damaligen sogenannten Tequila-Krise hat Mexiko, wenn auch nur bei relativ moderaten Wachstumsraten und einer weiterhin beste- henden starken sozialen Ungleichheit, eine seiner wirtschaftlich stabilsten Phasen und auch eine Reduktion der Armut erlebt. Mittlerweile ist Mexiko das Land mit den weltweit meisten Freihandelsabkommen, was mit einem deutlichen Investitionsboom in produzierenden Branchen einhergeht. Es wundert also nicht, dass das Land zunehmend als wichtiger industrieller Standort und als Partner für unsere hiesige Industrie wahrgenommen wird. Dieser Eindruck bestätigt sich insbesondere, wenn man das Augenmerk auf eine der zentralen deutschen und heute auch mexikanischen Industrien legt – den Automotive-Sektor. Die Automobilindustrie ist in den vergangenen Jahren zu einem der entscheidenden Treiber der wirtschaftlichen Entwick- lung Mexikos geworden. Experten gehen davon aus, dass Mexiko bereits im kommenden Jahr Deutschland als drittgrößten Automobilexporteur ab- lösen wird. Mexiko zählt bereits jetzt ca. 730.000 Beschäftigte im Automoti- ve-Sektor und Prognosen gehen für das Jahr 2020 von einemProduktionsvo- lumen von 5 Millionen Fahrzeugen aus. Allerdings steht Mexiko als Standort nicht in unmittelbarer Konkurrenz zu Deutschland, vielmehr nutzen deut- sche Automobilbauer und -zulieferer das nordamerikanische Land häufig dafür, um ihre Produktionskapazitäten auszubauen und neue Märkte zu erschließen. Die intensive Zusammenarbeit im Automotive-Sektor zwischen Deutschland und Mexiko hat ihren Ursprung bereits in den 60er Jahren, als Volkswagen de México seine dor- tige Produktion in Puebla aufgenommen hat. Über Jahrzehnte prägten wohlbekannte, aber biswei- len auch leicht antiquiert erscheinende Fahr- zeuge die deutsche Wahrnehmung des stets

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