UdZPraxis 2-2016

39 Im Fokus | UdZ Praxis Drei Gestaltungspfade für die Zukunft Mit diesen Annahmen kann man hier mindestens drei Weiterführungen denken, die die Ver- wendung dieser Gelder betreffen. Die erste ist wenig originell, aber nichtsdestotrotz richtig: „Bildung, Bildung und nochmal Bildung“. Auf diese Weise entstehen mehr kreative Köpfe für die Innovation neuer Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsideen. Und hier gibt es noch viel zu tun: Wir müssen uns nur mal die soziale Schieflage ansehen zwischen den beruflichen Aufstiegschancen des Arbeiterkindes und des Arztsohns. Bildung ist nicht nur notwendig für die Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch zentrale Voraussetzung für eine Gesellschaft, in der der Sinn des Lebens außerhalb der Erwerbstätigkeit definiert wird. Die nächste sinnvolle Verwendung der Gelder wäre die Finanzierung von Erwerbstätigkeiten, die von zentraler Bedeutung für eine humane Gesellschaft sind, zum Beispiel in der Medizin, Pflege oder Wissensvermittlung. Eine dritte Überlegung wäre die Einführung eines bedin- gungslosen Grundeinkommens. Ein solcher Ansatz würde eine sehr grundsätzliche und sehr sichtbare gesellschaftliche Revolution einleiten. An deren Ende stünde ein Gesellschafts- modell, in dem die Erwerbstätigkeit nicht mehr den Mittelpunkt einer jeden Biographieent- wicklung darstellen würde. Unter dem Strich bleiben aus meiner Sicht zwei Erkenntnisse. Erstens: Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, dass nur ein Mensch in Erwerbstätigkeit ein glücklicher Mensch sein kann und Vollbeschäftigung die einzige erstrebenswerte Gesellschaftsform ist. Menschen brauchen zwar interessante und anspruchsvolle Tätigkeiten, anderenfalls fühlen sie sich unausgefüllt. Niemand aber sagt, dass diese Aufgaben unbedingt nur im Bereich klassischer Erwerbstätigkeit liegen müssen. Sinnvolle Tätigkeiten gibt es auch an anderen Stellen: im sozialen Bereich, im Bereich des Erkenntnisgewinns im wissenschaftlichen Sinn, ganz besonders aber auch in der Kreativität, der Kunst. Die zweite Erkenntnis: Wir können dieser Debatte nicht ausweichen – die Digitalisierung und die resultierende Entwicklung zu immer intelligenteren, hochvernetzten Systemen haben eine vierte industrielle Revolution eingeleitet, und wir stehen mittendrin. Völlig neue gesellschaft- liche Modelle werden benötigt. Wir müssen uns trauen, alles in Frage zu stellen. Natürlich bringt die digitale Zukunft auch riesige Probleme mit sich. Nichtsdestotrotz ist sie auch eine Chance – eine Chance nämlich, im Rahmen ganz neuer Denkweisen und Wirtschaftsphiloso- phien nicht nur diese Probleme zu lösen, sondern auch die heute bestehenden gesellschaft- lichen Missstände anzugehen. Professorin Dr. rer. nat. Sabina Jeschke ist Direktorin des Instituts- clusters IMA/ZLW & IfU der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen und Prodekanin der Fakultät für Ma- schinenwesen. Sie ist Vorstandsvorsitzende des VDI Aachen, Ge- sellschafterin der Nets 'n' Clouds GmbH, Alumna der Studienstif- tung des Deutschen Volkes, RWTH-Fellow und IEEE-Senior. Ihr Team gewann die Weltmeisterschaft beim RoboCup in der Logistics League 2014, die die Einbettung vollständig autonomer, mobiler Roboterteams in die Industriearbeitswelt adressiert. Der Nachdruck dieses Textes erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Er erschien zuerst als Blogbeitrag im Rahmen des „Wissenschaftsjahr[es] 2014 – Die digitale Gesellschaft“ und ist aktuell noch im Netz auf der Seite www.digital-ist.de/experten-blog/ wenn-roboter-steuern-zahlen.html zu finden.

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