UdZForschung 2/2020

UdZForschung 2-2020 / 21 FIR-FORSCHUNGSPROJEKTE – Leitthema: Industrie & Umwelt von Wettbewerbern zu deren Vorteil ge- nutzt werden, spielen derzeit noch hohe Kosten der Datenerzeugung und -verar- beitung sowie fehlende Anreize bzw. feh- lende Bedarfe der Unternehmensdaten auf dem Datenmarkt eine Rolle 10 . Aus der erwähnten Angst ergibt sich das zentrale Hindernis des „Arrow-Paradoxons“ 11 , wo- nach der Wert von Daten und Informationen nach der Offenlegung erheblich reduziert wird 12 . Vor Geschäftsabschluss sind Anbieter deswegen sehr zögerlich, Informationen über ihre Datenprodukte mitzuteilen 13 . Da Datenprodukte intangible Güter sind, bei de- nen sich der Wert erst während der Nutzung entfaltet, ist es äußerst schwierig, poten- zielle Käufer vomWert zu überzeugen, ohne Informationen im Vorhinein offenzulegen 14 . So wird der Preis des Datenprodukts weit unter dem tatsächlichen Wert liegen und es können keine wettbewerbsfähigen Preise erzielt werden 15 . Darüber hinaus schränkt das Fehlen rechtlicher Rahmenbedingungen die Weiterentwicklung der Datenökonomie ein. Daten als solche sind derzeit nicht durch geistige Eigentumsrechte geschützt, sodass keine klaren Haftungsregeln existieren, die bei Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen geltend gemacht werden könnten 16 . So zeigt sich, dass eine herstellerübergreifende Nutzung von Daten inFormeinerDatenökonomietrotzdeswach- senden Bewusstseins für die Potenziale von Datenmärkten noch in den Kinderschuhen steckt 17 . GeradedasFehlenetablierterRegeln und Marktmechanismen für die Bewertung und Preisgestaltung von Daten als eigen- ständiges Wirtschaftsgut stellt noch eine besondereHerausforderungimVergleichzum materiellen Güterhandel dar 18 . So besteht das Ziel des Projekts ‚EVAREST‘ darin, die Vielzahl heterogener Daten in der Lebensmittelindustrie in eigenstän- dige Datenprodukte zu überführen und prototypisch den Austausch und Handel vonDatenprodukten für relevanteAkteure, wie z. B. Landwirte und Produzenten 10 s. Scaria et al. 2018, S. 44 11 s. Stahl et al. 2017, S.36 12 s. Pantelis u. Aija 2013, S. 40 13 s. Stahl et al. 2017, S. 36 14 s. Pantelis u. Aija 2013, S. 40 15 s. Stahl et al. 2017, S. 36 16 s. Richter u. Slowinski 2019, S. 115 17 s. Spiekermann 2019, S. 216 18 s. Fruhwirth et al. 2020, S. 5738 oder Logistikanbieter und Investoren, zu ermöglichen. Für die Umsetzung dieser neuen Form der Datenökonomie werden rechtssichere Handelsmechanismen sowie innovative Preis- und Geschäftsmodelle zur Teilhabe der Datenproduzenten an den Datenproduktwerten erforscht. Um den aufgespannten Problembereich zu bewäl- tigen, wurden im ersten Teilabschnitt des Projekts potenzielle Stakeholder für den Handel vonDatenprodukten imKontext der Wertschöpfung der Lebensmittelindustrie identifiziert und nutzenstiftende Usecases (Narrative) abgeleitet (s. Bild 1). Basierend auf diesen Ergebnissen hat das FIR mit den Projektpartnern Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG und Agrarmarkt Informations- Gesellschaft AMI potenzielleDatenprodukte abgeleitet und hinsichtlich des jeweiligen Wertbeitrags typisiert. Die identifizierten Datenprodukte abstrahieren wertvolles Wissen aus den Rohdaten und liefern so Geschäftseinblicke und umsetzbare Erkenntnisse für spezifischeAnwendungen entlangdergesamtenWertschöpfungskette der Lebensmittelproduktion. Die identifi- zierten Datenprodukte adressieren neben der Vermeidung von Lagerengpässen und einer Über-/Unterproduktion beispiels- weise Optimierungspotenziale hinsicht- lich der Nachhaltigkeit (Reduktion von CO2-Emissionen) sowie eine verbesserte Bedarfsplanung und die Abschätzung von Kundenbedür fnissen am Markt zur Reduktion von Investitionsrisiken. Die Datenprodukte werden dabei dem übergeordneten Typ „ Data Product as Performance “ zugeordnet, der nicht nur die Fragen nach dem „Was?“ und „Warum?“ sowie dem „Was wird passieren?“ beant- wortet, sondern Entscheidungsvorschläge liefert, um zukünftige Vorteile zu nutzen, Risiken zu reduzieren und die Performance des Nutzers zu erhöhen. Die Ergebnisse der Typisierung wurden in korrespondierende Preismodelle und Lizensierungsvorschriften überführt. Für ein Data Product as Performance ist hiernach eine interaktive, nutzenorien- tierte („ value based “) Preisbestimmung zu wählen, bei der der Preis maßgeblich durch das erzielte Ergebnis bestimmt wird und optimalerweise im Nachhinein abzurechnen ist. So ist es möglich, den tatsächlichen Mehrwert, der durch das Datenprodukt beim Kunden geschaffen wird, statt zuvor offengelegter Daten als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Das Lizensierungskonzept, welches mit der Universität des Saarlandes (UdS) entwickelt wird, beinhaltet passende Nutzungsrechte und -einschränkungen de r angebotenen Da tenproduk te. Preismodell, Lizensierungskonzept und Bild 1: Vorgehensmodell zur Entwicklung des EVAREST-Datenökosystems (eigene Darstellung)

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